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HFC-PRÄSIDIUM IM INTERVIEW
„Zwei Krisensaisons und Corona haben auf die Stimmung gedrückt“
Die Mitglieder wählen am Sonntag das Präsidium. Jens Rauschenbach, Jürgen Fox und Oliver Kühr stellen sich erneut zur Wahl. Was sie vorhaben.
Von Christoph Karpe
Aktualisiert: 12.05.2022, 10:10 • 12.05.2022, 09:51
Halle (Saale)/MZ - Der Klassenerhalt in der dritten Fußball-Liga wurde nach einigem Zittern geschafft. Das Minimalziel erreicht zu haben, damit ist der Vorstand von Fußball-Drittligist Hallescher FC nicht zufrieden. Präsident Jens Rauschenbach, Vize Jürgen Fox und Oliver Kühr (Nachwuchs, Spielbetrieb) stellen sich am Sonntag bei der Mitgliederversammlung erneut zur Wahl. Mit Ärztin Simone Heinemann-Meerz gibt es nur noch eine weitere Kandidatin für das künftige Führungsgremium. Mit dem Trio aus dem aktuellen Vorstand hat Christoph Karpe gesprochen.
Sie haben sicherlich nach dem 2:1-Sieg am Sonntag in Würzburg und dem fixen Klassenerhalt tief durchgeatmet. Welches Gefühl herrscht nun mit etwas Abstand beim Rückblick auf die dritte Saison unter ihrer Führung vor?
Jens Rauschenbach: Wir sind erleichtert, aber ganz sicher nicht zufrieden. Wir haben es nicht geschafft, nach einem guten Saisonstart Konstanz in unsere Leistungen zu kriegen. Auch weil in entscheidenden Spielen die Mentalität nicht stimmte. Unser Saisonziel war, uns in Richtung obere Tabellenhälfte zu orientieren. Das haben wir nicht erreicht.
Jürgen Fox: Es gab zwei negative Schlüsselspiele: Die 1:2-Niederlagen im Hinspiel in Havelse und im Pokal-Halbfinale bei Oberligist Wernigerode. Die beiden Partien haben den Saisonverlauf geprägt. Darum sehen wir die Saison eher in Moll. Phasenweise war es auch kein schöner Fußball. Allerdings hat die Mannschaft in Spielen gegen starke Gegner gezeigt, was theoretisch in ihr gesteckt hätte.
Oliver Kühr: Hinzu kam diese unglaubliche Verletzungsmisere in der Hinrunde, die dazu geführt hat, dass die Mannschaft nicht kontinuierlich wachsen konnte.
Wie fällt insgesamt das Fazit Ihrer bisherigen Amtszeit aus?
Rauschenbach: Nach der Beinahe-Insolvenz 2018 steht der Verein inzwischen finanziell stabil da. Wir arbeiten mit siebeneinhalb Millionen Euro Etat, den wir aufstocken wollen. Und wir schreiben eine schwarze Null, was nicht viele Drittligisten schaffen. Sportlich liefen die ersten anderthalb Spielzeiten seit der Rettung erfolgreich - bis zur Krise im Dezember 2019. Seitdem folgten zwei Krisensaisons. Beinahe parallel dazu begann die Corona-Pandemie mit Geisterspielen. Beides hat auf die Stimmung gedrückt.
Fox: Von den drei Jahren Amtszeit waren wir zweieinhalb Jahre im wirtschaftlichen und sportlichen Krisenmodus. Das konnte niemand vorhersehen. Darum konnten wir viele Ziele, etwa bei der Vereinsentwicklung, bei den Mitgliederzahlen oder auch in Sachen Stadionerlebnis, notgedrungen nicht erreichen.
Gab es durch die vergangenen Zittersaisons Unruhe nicht nur bei Fans, sondern auch bei den Sponsoren?
Rauschenbach: Natürlich war insbesondere die Lockdown-Zeit für unsere Sponsoren hart, zumal wir ja kaum Gegenleistungen erbringen konnten. Dennoch haben uns beinahe alle die Treue gehalten. Aber natürlich wollen Sponsoren vor allem drei Dinge wissen: In welcher Liga spielt der Verein? Was ist die Entwicklungsidee? Und: Welche Personen führen den Verein, dem sie ihr Geld anvertrauen?
Wie wird die neue Mannschaft aussehen?
Fox: Wir haben eine Achse an Spielern, die bleiben werden. Darum herum wird es einen größeren Umbruch geben. Darin liegt eine große Chance. Aus meiner Sicht besteht insbesondere im Mittelfeld Handlungsbedarf. Auch Geschwindigkeit auf den offensiven Außenpositionen würde uns gut zu Gesicht stehen.
Kühr: Wir wollen als HFC künftig konsequent den Weg der Verjüngung gehen und Spieler selbst entwickeln. Dazu gehört, dass wir junge, ambitionierte Spieler holen und gleichzeitig den Übergang vom Nachwuchs zur ersten Mannschaft verbessern. Diese Spieler werden dann möglicherweise nicht auf ewig beim HFC spielen, aber dann soll zumindest eine Ablösesumme fließen.
Kann Elias Huth gehalten werden, falls Kaiserslautern doch noch aufsteigt und er wegen seines Vertrages zurück soll?
Fox: Wir wollen ihn unbedingt halten.
Welche Pläne gibt es in puncto Infrastruktur. Welche Projekte geht der HFC an?
Kühr: Die größte Herausforderung ist der Neubau des Nachwuchsleistungszentrums, das im Frühjahr 2023 fertig wird, und die entsprechende Lizenzierung durch den DFB. Dieser Quantensprung für die Entwicklung unseres Nachwuchses bedeutet auch hohe Investitionen. Dazu gehören die komplette Innen-Ausstattung und der Neubau eines zweiten Kunst- statt Rasenplatzes.
Was erwarten Sie von der neuen Saison? Wird die Arbeit im Vorstand - sofern Sie gewählt werden - mehr Last oder Lust?
Rauschenbach: Die Chancen, die es jetzt gibt, machen mehr Lust zu dritt in einem Team gemeinsam daran zu arbeiten. Nach zweieinhalb Jahren Corona-Krise wollen wir nächste Saison wieder durchstarten. Sportlich mit einem Trainer, der für frischen Offensivfußball steht und Spieler entwickeln will. Bei der Vereinsentwicklung müssen wir nach Corona die Präsenz in der Stadt und der Region erhöhen, die Identität mit dem Verein stärken und dringend wieder mehr Zuschauer ins Stadion locken.
Fox: Dazu gehört ein Fußball, bei dem es wieder Spaß macht, zuzuschauen. Das Potenzial, jetzt etwas aufzubauen, ist nach dem Krisenmodus der vergangenen zweieinhalb Jahre riesengroß. Wir haben einen Tunnel hinter uns - und hoffentlich keinen neuen vor uns.
Kühr: Natürlich waren die Krisenzeiten nicht einfach. Wir haben aber mit der Vorbereitung der DFB-Lizenzierung sowie dem Bau des Leistungszentrums wesentliche Pfeiler der zukünftigen Entwicklung bereits eingeschlagen. Darum überwiegt die Lust.
Sorry für die vielleicht deplatzierte Frage. Wird es nicht irgendwann Zeit, dass sich der HFC das Ziel Aufstieg stellt?
Rauschenbach: Angesichts der Investorenvereine in der dritten Liga werden wir das nicht tun. Ein Aufstieg ist nicht planbar, wie viele Vereine gezeigt haben, die dies mit großem finanziellem Risiko angegangen und krachend gescheitert sind. Wir wollen unseren halleschen Weg gehen: Als mitgliedergeführter Verein, der wirtschaftlich vernünftig und unabhängig ist. Dazu brauchen wir viel Geschick und ein wenig Glück bei der Kaderzusammenstellung.
Fox: Finanziell werden wir niemals All-in gehen, wie es andere Vereine tun. Wir werden nicht die Existenz des Vereins aufs Spiel setzen. Andererseits hören wir uns jede Idee der sportlichen Leitung an und lassen nichts unversucht, die Umsetzung überzeugender Ideen in puncto Verpflichtungen zu ermöglichen.
Kühr: Für mich ist wichtig, dass wir jetzt die Grundlagen dafür legen, den HFC mittel- und langfristig erfolgreich zu machen. Dazu ist die Entwicklung des Nachwuchses so wichtig. Infrastrukturell werden wir die Voraussetzungen dafür haben. Auch die DFB-Lizenzierung wird kommen.