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RALF MINGE MUSS AM LETZTEN TAG UMPLANEN
Warum HFC-Wunschtransfer Marcos Alvarez nicht nach Halle kam
Am letzten Tag der Transferperiode kommen ein ehemaliger Aue-Stürmer und Sebastian Bösel aus Saarbrücken. Die Wunschpersonalie platzt.
Von Christoph Karpe
01.02.2022, 08:14
Halle (Saale)/MZ - Geduld war gefragt an dem stets so spannenden letzten Tag der Transferperiode im deutschen Fußball. Fakt war den ganzen Montag: Der Hallesche FC wird noch aktiv, um seinen Kader personell gegen den Abstiegskampf zu wappnen.
Am Abend folgte die Verkündung: Der Klub holt den zuletzt vereinslosen Österreicher Philipp Zulechner (31) als Ersatz für den nach Kaiserslautern verkauften Terrence Boyd. Der Mittelstürmer war letzten Sommer in Aue aussortiert worden.
Für die Rechtsverteidiger-Position wurde als Backup für Niklas Kreuzer der Saarbrücker Dauerreservist Sebastian Bösel (27) verpflichtet. Der meist verletzte Defensivmann kommt für den meist verletzten Fabian Menig, der zur Nürnberger Reserve gegangen ist.
HFC hat bemerkt: Offensiv ist ohne Zugänge kein guter Fußball möglich
Den Wunschkandidaten Marcos Alvarez hat HFC-Sportchef Ralf Minge dagegen nicht bekommen. Noch am Sonntag hatten HFC-Vorstand und Verwaltungsrat final zusammengesessen und die akuten Baustellen definiert. Die ersten beiden Punktspiele unter André Meyer hatten gezeigt, wo akuter Reparatur-Bedarf an der Kader-Konstruktion besteht: Aus dem (ordentlichen) Spiel heraus bei der 0:1-Niederlage auf dem Betzenberg wurde keine einzige Chance im Strafraum kreiert. Zwei Kopfball-Gelegenheiten nach Standards (Löhmannsröben, Nietfeld), ein Distanzschuss an die Querlatte (Shcherbakovski) - das waren die nennenswerten Offensiv-Szenen des HFC.
In Braunschweig (ebenfalls 0:1) schoss der HFC ein Tor durch Zugang Elias Huth, was der Schiedsrichter im Zuge einer Wahrnehmungsstörung bekanntlich aberkannte. Unterm Strich: Wirklich gefährlich war die Mannschaft nicht, die Meyer so gern attraktiv offensiv agieren lassen würde.
Deshalb und auch weil die Abstiegsgefahr nach nun acht sieglosen Spielen - einer von 24 möglichen Punkten wurde geholt - noch dramatischere Züge angenommen hat, war sich die Führungsetage einig: Wir steuern massiv dagegen, koste es die finanziellen Reserven. Schließlich war vom Transfer von Torjäger Terrence Boyd nach Kaiserslautern noch ein Teil der Ablösesumme übrig. Der langfristige Ausfall des sowieso gefühlt dauerverletzten Stürmers Justin Eilers hatte zusätzlich Geld freigesetzt, weil der nun von der Berufsgenossenschaft bezahlt wird.
Hallescher FC kämpft vergeblich um Marcos Alvarez
Selbst, wenn das nicht reichen sollte, galt die Devise: Auf keinen Fall darf der Klub absteigen. Der Schaden wäre viel größer als ein paar rote Zahlen am Saisonende. Die Absicht: Man braucht und holt zwei neue Spieler. Einen Stürmer, der neben Elias Huth den Boyd-Weggang halbwegs kompensiert. Einen Achter beziehungsweise Sechser im zentralen Mittelfeld mit strategischen Fähigkeiten. Und idealerweise kann der auch mal als rechter Defensiv-Mann eingesetzt werden, um notfalls für Dauerbrenner Kreuzer einspringen zu können.
Ein Wunsch-Stürmer war auch schnell gefunden: Marcos Alvarez. Der 30-Jährige mit Starpotenzial hatte in Osnabrück Torgefahr und Schlitzohrigkeit nachgewiesen. Im Sommer 2020 war er in die erste polnische Liga zu Cracovia Krakow gewechselt. Dort ist er unzufrieden. Alvarez will zurück. Der HFC wollte ihn. Man war sich einig. Bis sich der polnische Klub, von dem sich Alvarez wohl noch eine Abfindung für sein üppiges Gehalt erwartet hatte, doch noch querstellte.
Am Sonntagabend hieß es beim HFC, der Wechsel sei geplatzt. Am Montag zerstob die letzte Hoffnung, Cracovia und der abwanderungswillige Alvarez hätten sich doch noch einigen können, hieß es. Ralf Minge, der sowieso gezwungenermaßen mehrgleisig fuhr, weil Wechsel ja nun mal vor der Unterschrift noch platzen können, musste also umplanen.
Heraus kamen Zulechner und Bösel. „Ich kenne Philipp Zulechner aus meiner Zeit beim FC Erzgebirge Aue. Er war in einer schwierigen Phase ein wesentlicher Faktor für den damaligen Klassenerhalt in der zweiten Bundesliga“, so Coach Meyer in einer Vereinsmitteilung. „Philipp wird mit seinen individuellen Offensivqualitäten und seiner Erfahrung helfen, unsere Ziele zu erreichen.“
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KOMMENTAR ZUM HALLESCHEN FC
Alles beim HFC wirkt aktuell fahrig, hektisch, unüberlegt
MZ-Sportchef Christoph Karpe kommentiert den Deadline Day des Halleschen FC, der viel über die Kaderplanung von Ralf Minge verrät.
01.02.2022, 08:14
Halle (Saale)/MZ - Der aktuelle Gemütszustand von Niklas Kreuzer ist nicht bekannt. Aber der HFC-Profi dürfte sich gerade wie im falschen Film fühlen.
Im Sommer war der Außenverteidiger von Dynamo Dresden nach Halle gewechselt, in der Hoffnung, an der Saale mit seiner neuen Mannschaft in der Drittliga-Spitze mitmischen zu können. Jetzt liegen seine Pläne in Scherben.
Alles, was gerade beim rot-weißen Klub passiert, wirkt fahrig, hektisch, unüberlegt. Der Kader, lange gebeutelt durch Verletzungsausfälle, ist unausgewogen zusammengestellt und wenig leistungsstark. Die Kreuzers sind rar.
HFC will mit Last-Minute-Tranfes eigene Fehler korrigieren
Und auf den letzten Drücker sollten nun Fehler korrigiert werden. Es kamen mit Philipp Zulechner ein im Sommer bei Aue aussortierter Mittelstürmer und mit Sebastian Bösel ein Dauerverletzter aus Saarbrücken.
Vorab den Daumen zu senken, verbietet sich. Vielleicht überraschen sie positiv. Aber die Zeichen sind kaum anders zu deuten, als dass in Panik gegriffen wurde, was da war.
Die Arbeit von Sportchef Ralf Minge darf mittlerweile durchaus kritisch gesehen werden. Auch im Vergleich zu dem, was in Magdeburg passiert ist.