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MZ+ „Irgendwann zerbricht man“: Hinter HFC-Zugang Justin Eilers liegt lange Leidenszeit
Zugang Justin Eilers stand in Bremen vor einer Bundesligakarriere. Wie Verletzungen diese verhinderten und der Stürmer damit umging.
Von Christopher Kitsche
24.06.2021, 09:31 • Aktualisiert: 24.06.2021, 09:47
2017: Justin Eilers verletzt sich beim Werder-Training schwer. (Foto: Imago/Nordphoto)
Halle (Saale) - Justin Eilers ist jetzt ein Rot-Weißer. Das wird auch bei seiner Outfitwahl beim Interviewtermin mit der MZ am Erdgas Sportpark deutlich. Der Zugang vom SC Verl kommt im bordeaux-roten Jogger und weißen Sneakern. Sich wohlzufühlen, ist dem 33-Jährigen wichtig - was nicht nur Auswirkungen auf seine Kleider-, sondern auch die Wahl seines Wohnorts hat.
Halle ist es nicht geworden, auch nach Leipzig zieht es den Stürmer nicht. Eilers Lebensmittelpunkt wird weiter seine Heimatstadt Braunschweig sein. Er will im Monat mehrmals die gut 170 Kilometer zwischen seinem neuen Arbeits- und seinem Wohnort pendeln. „Ich bin ein Spieler, der ein familiäres Umfeld braucht. Das habe ich in den letzten Jahren gemerkt“, erzählt Eilers.
Diese „letzten Jahre“ in der Karriere des Justin Eilers gleichen einer Leidenszeit. 2016 noch als Drittligatorschützenkönig und Aufsteiger in die zweite Bundesliga mit Dresden am Karrierehöhepunkt, plagten den Stürmer zahlreiche Verletzungen, durch die er in den vier Jahren bis zu seinem Wechsel zum SC Verl im Sommer 2020 nur auf 18 Spiele kam. 2019 kamen auch noch finanzielle Probleme hinzu: Eilers musste in Privatinsolvenz gehen. Über diese schwierige Zeit und seinen Karriereweg erzählt Eilers unaufgeregt und mit ruhiger Stimme.
Von Dynamo Dresden in die Bundesliga: Justin Eilers war „stolz“ auf Angebot von Werder Bremen
„Dresden war natürlich eine unbeschreibliche Zeit. Als Mannschaft und auch ich persönlich haben in dem Aufstiegsjahr dort alles erreicht“, blickt der Stürmer auf die erfolgreichste Phase seiner Laufbahn zurück. Eilers war danach ablösefrei zu haben. Bundesligist Werder Bremen schlug zu. Die Teamkollegen hießen nun Serge Gnabry, Claudio Pizarro und Max Kruse.
„Natürlich war ich stolz, als das Vertragsangebot kam. Werder Bremen ist ein Traditionsverein mit hohem Stellenwert in Deutschland.“ Berührungsängste hatte Eilers trotz des Sprungs von der dritten Liga ins Oberhaus nicht. „Ich bin nicht der Typ, der sich versteckt. Ganz egal, ob ich jetzt aus der dritten Liga komme oder 300 Bundesligaspiele absolviert habe.“ Aber „naturgemäß“ hatte er nicht mehr die exponierte Stellung im Team wie in Dresden. „Ich war aber gewillt, mir ein Standing zu erarbeiten.“
Diese Möglichkeit blieb Eilers in Bremen aber verwehrt. Wegen einer chronischen Hüftverletzung und einem Kreuzbandriss, kam er dort nie in Tritt. „Es war schwer, mit Einzeltraining eine Bindung zum Team herzustellen. Ich habe mich nicht so zugehörig gefühlt“, erinnert sich Eilers.
Justin Eilers: Freundschaft zu Max Kruse in Bremer Zeit
Mit seinem damaligen Teamkollegen Max Kruse haber er aber oft etwas unternommen. Es passte zwischen den extrovertierten Offensivmännern. „Ich genieße in der Freizeit das Leben und brauche ein Umfeld, in dem auch mal etwas los ist. Das hat weniger damit zu tun, dass ich am Abend durch die Clubs ziehe“, so Eilers.
Jener Kreuzbandriss am Ende seines ersten Bremer Jahres führte endgültig zum Karriereknick. „Das war dieser Scheidepunkt, die Karriere ging danach nicht mehr weiter nach oben, sondern stagnierte“, erzählt Eilers nüchtern. Ein Jahr nach seiner Bremer Zeit, stand die Karriere dann gar ganz auf der Kippe. Die Hüftverletzung machte Eilers bei seiner Station in Lotte wieder schwer zu schaffen.
Justin Eilers schafft Comeback in 3. Liga: „Ich wollte so nicht abtreten“
„Irgendwann zerbricht man an den ganzen Verletzungen. Bei mir war es dann soweit. An mich selbst habe ich geglaubt, aber nicht mehr vollends an meinen Körper. Wenn man sich jeden Tag nur noch unter Schmerzen auf den Trainingsplatz schleppt, denkt man irgendwann, es hat keinen Sinn mehr.“ Und irgendwann war das Geld aufgebraucht. Es sei eines zum anderen gekommen.
Eine OP am Hüftgelenk brachte den Ausweg. Nach 14 Monaten Vertragslosigkeit überzeugte er in Verl und bekam einen Einjahresvertrag. „Ich wollte so nicht abtreten und mir vor allem selbst beweisen, dass ich es noch schaffen kann.“ Eine Genugtuung gegenüber den Kritikern, war das Comeback aber auch. „Ich dachte: Denen zeige ich gern, dass es nicht zu Ende ist. Das ist hat mir einen enormen Kick gegeben.“
Aber was ist nun in Rot-Weiß noch möglich? „Der Kernpunkt wird sein, gesund zu bleiben. Wenn das gegeben ist, dann werde ich der Mannschaft helfen können“, betont Eilers.
Hintergrund: Die Karriere von Justin Eilers
Seine fußballerische Ausbildung erhielt der 33-jährige Justin Eilers in seiner Heimatstadt bei Eintracht Braunschweig und dem Braunschweiger SC. Seine Laufbahn im Herrenbereich begann Eilers dann bei den FT Braunschweig. Von dort ging es wieder zu Eintracht Braunschweig und anschließend zur zweiten Mannschaft des VfL Bochum.
Beim Goslarer SC und dem VfL Wolfsburg II schaffte Eilers dann mit starken Torquoten den Durchbruch. Mit den Goslarern gelang der Aufstieg in die Regionalliga Nord. Mit den Wolfsburgern wurde der Stürmer Meister.
Im Juni 2014 verpflichtete Drittligist Dynamo Dresden den damals 26-Jährigen. Die erfolgreichste Zeit in Eilers Karriere begann, die im Zweitliga-Aufstieg 2016 gipfelte und Eilers mit 25 Treffern bester Torjäger der dritten Liga wurde.
Danach verpflichtete Bundesligist Werder Bremen Eilers ablösefrei. Verletzungsbedingt kam der Stürmer aber nur für die zweite Bremer Mannschaft zum Einsatz. Es folgte ein Intermezzo bei Apollon Smyrnis in Griechenland. Vor der Unterschrift in Halle spielte Eilers dann noch in Lotte und beim SC Verl in der dritten Liga. (mz)