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SORGEN UM DAS ZENTRUM
Was wird aus Großinvestitionen auf Halles Riebeckplatz?
Angesichts der Corona-Pandemie zögern Unternehmen, ihre Projekte umzusetzen. Die Zukunft des Maritim liegt auf Eis. Wann kommt der Hotelneubau?
Von Dirk Skrzypczak
11.01.2022, 18:41
Halle (Saale)MZ - In einem Urlaubshotel in Binz feiert Bertram Thieme ein besonderes Jubiläum. Vor 45 Jahren, am 12. Januar 1977, war der heute 72-Jährige zum Chef des Interhotels am Thälmannplatz in Halle aufgestiegen. Bis 1996 war er dort Direktor, wechselte danach auf den Managerposten im nahen Dorint Charlottenhof. Die Entwicklung am Riebeckplatz, bedingt durch die Corona-Pandemie, beobachtet er mit Sorge. „Unter den jetzigen Bedingungen werden die Pläne zu einer Neverending Story“, sagt er. Thieme ist in der Hotelbranche noch gut vernetzt. Selbst große Ketten müssten coronabedingt mit herben Verlusten leben und hätten teils große Schwierigkeiten, die Pacht für ihre genutzten Immobilien zu zahlen. „Die Branche erlebt eine Katastrophe. Neue Investitionen liegen fast überall auf Eis.“
Maritim: Investor wartet ab
Droht dem Riebeckplatz ein Stillstand? Betroffen sind vor allem das leerstehende Maritim sowie der geplante Neubau eines 75 Meter hohen Hotel- und Bürokomplexes nördlich des Busbahnhofs am so genannten „grünen Hügel“. Passiert ist wenig. Im Frühjahr 2021 hatte die AM Group aus Berlin das Maritim gekauft. Die einstige Vier-Sterne-Herberge soll abgerissen und durch mehrere Gebäude ersetzt werden. Im Herbst des vergangenen Jahres wollte die AM Group erste konkrete Details bekanntgeben. Doch die Eigentümer schweigen. „Corona beschäftigt den Investor und alle Beteiligten im Moment zu stark, so dass alles weitgehend auf Eis liegt“, heißt es aus dem Umfeld der Berliner. Laut Thieme dürften alleine die Abrisskosten bei zwei bis drei Millionen Euro liegen. „Ich denke, dass das Maritim noch einige Jahre stehen bleiben wird“, orakelt er
Ein anderes Prestigeprojekt existiert bislang nur auf dem Papier: Halles rötlicher Turm in die Unendlichkeit, das designierte höchste Gebäude am Platz. Der 75 Meter hohe Tower mit einer Fassade aus gebürstetem Bronzeblech soll ein Vier-Sterne-Hotel mit 200 Betten, Büros, einem Fahrradparkhaus und einer verglaste Bar im 18. Stock beherbergen. Kolportierte Investitionskosten: etwa 70 Millionen Euro. Noch 2020 sollten eigentlich die Tiefbauarbeiten beginnen. Und die Papenburg AG als Besitzern des Grundstücks und Bauherrin soll auch einen potenziellen Betreiber an der Hand gehabt haben: die Dorint-Gruppe, wie Thieme erzählt. „Ich war noch selbst bei den Gesprächen mit Papenburg dabei. Doch das war vor Corona.“
Die Stadt glaubt an die Umsetzung
Und nun? Die Stadt gibt sich einsilbig, aber optimistisch. „Die Investitionen werden mit einer durch Corona bedingten zeitlichen Verzögerung umgesetzt“, sagt der zuständige Beigeordnete für Stadtentwicklung, René Rebenstorf, der MZ. Hinter den Kulissen hört man, dass die Stadt um jedes Projekt kämpft und Pleiten vermeiden will. Nun soll die Bauphase Ende 2022 beginnen, zunächst mit der Umverlegung von Leitungen. Man wolle diesen Aussagen nichts hinzufügen, heißt es aus der Papenburg AG.
Bertram Thieme hofft unterdessen, dass Corona die AM Group zum Umdenken bewegt und das Maritim doch nicht den Abrissbaggern zum Opfer fällt. Im Sommer 2019 er das verwaiste Hotel noch einmal besucht, an seinem alten Schreibtisch gesessen. „Ich war überrascht, dass das Haus noch so gut in Schuss war. Anfang der 1990er-Jahre war es noch für 70 Millionen D-Mark aufwendig saniert worden.“ Thieme findet die Idee der Bankimmobilien, die das Maritim ebenfalls kaufen wollten, gut. Die Hallenser wollten dort Mikro-Appartements für Studenten einrichten. Doch die AM Group hat andere Pläne. Die Berliner wollen ein neues Viertel entwickeln.